Beitrag von Wolfgang Triebel
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Der massive Einsatz von Antibiotika in der Tiermast, insbesondere zur Behandlung ganzer Tiergruppen, stellt ein großes Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Antibiotikaresistente Keime können schwere Infektionen verursachen, die mit den derzeit verfügbaren Antibiotika nicht mehr behandelt werden können. Diese resistenten Keime können z.B. über Lebensmittel auf Menschen und andere Tiere übertragen werden1, wo sie schwere Infektionen verursachen können. Dies kann zu Krankheits- und auch zu Todesfällen führen, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem. In Europa sterben täglich 100 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr helfen2.
Das Problem:
In der Tiermast werden Antibiotika routinemäßig eingesetzt, um ganze Tiergruppen zu behandeln. Dadurch erhalten solche Keime im Stall die besten Überlebenschancen, die Resistenzen entwickeln und damit Antibiotikaeinsätze überleben. Der Antibiotikaeinsatz bei Tierherden erfolgt auch, wenn nur wenige Tiere einer sehr großen Tiergruppe von z.B. 30.000 Masthühnern oder mehr erkrankt sind. In Großmastanlagen dürfen bis zu 23 Hühner auf einem Quadratmeter Stallfläche gehalten werden, es herrschen oft unhygienische Bedingungen.
Die EU-Tierarzneimittelverordnung (2019/6)3 verbietet zwar auf dem Papier den routinemäßigen Antibiotikaeinsatz bei Lebensmittel liefernden Tieren, doch fehlt die praktische Umsetzung in den Ställen. Staatliche Erhebungen zeigen, dass in 80-85 % der Hühnermastbetriebe Antibiotika eingesetzt werden4 – das entspricht einer übergroßen Mehrheit. Doch dieser routinemäßige Einsatz hat bisher keine konkreten Sanktionen zur Folge. Zugleich ist erwiesen: Die Anwendung von weniger Antibiotika in der Tierhaltung zahlt sich aus: In den meisten Ländern, die die Anwendung von Antibiotika reduziert haben, verzeichneten wir einen entsprechenden Rückgang der Resistenzraten.5
Die Folgen des routinemäßigen Einsatzes von Antibiotika in der Tiermast sind unterdessen gravierend und bilden eine...
Gefahr für die menschliche Gesundheit: Antibiotikaresistente Keime finden sich auf Lebensmitteln, z.B. bei über 30 % des Hähnchenfleisches in Supermärkten6. Antibiotikaresistenzen sind eine der größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit.7
Umweltbelastung: Antibiotikaresistente Keime gelangen über Gülle der Tiere in die Umwelt, wo sie Böden und Gewässer verunreinigen. Dies kann negative Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben.
Tierquälerei: Die enge Haltung und die unnatürlichen Lebensbedingungen in der Tiermast führen zu Stress und Krankheiten bei den Tieren. Der routinemäßige Einsatz von Antibiotika geht oft einher mit tierschutzwidrigen Bedingungen in der industrialisierten Tierhaltung.
Unser Vorschlag:
Um die Gefahr durch Antibiotikaresistenzen zu verringern, fordern wir, den routinemäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tiermast in der Praxis zu unterbinden. Betriebe, die pro Jahr mehr als 20 % des Tierbestandes behandeln, müssen den Tierbesatz je Quadratmeter halbieren und so den Einzeltieren mehr Platz einräumen. Insgesamt ist der Tierschutz in der Landwirtschaft zu verbessern und die industrielle Tierhaltung abzuschaffen, weil dies den Einsatz von Antibiotika wirksam reduziert und zudem positive Auswirkungen sowohl auf das Tierwohl als auch für den Klimaschutz hätte, weil die CO2- und CH4-(Methan-)Emissionen verringert werden würden.
Quellenangaben:
1 https://www.efsa.europa.eu/de/news/multi-agency-report-highlights-importance-reducing-antibiotic-use
2 https://www.ecdc.europa.eu/en/news-events/eaad-2022-launch
3 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019R0006
4 Nullmeldungen für Antibiotika in nur 15-20 % der Betriebe. Quelle:Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018–2021; https://www.bfr.bund.de/cm/343/therapiehaeufigkeit-und-antibiotikaverbrauchsmengen-2018-2021-bericht.pdf
5 https://www.efsa.europa.eu/de/news/multi-agency-report-highlights-importance-reducing-antibiotic-use
6 https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/04_Zoonosen_Monitoring/Zoonosen_Monitoring_Bericht_2022.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (ESBL auf Hähnchenfleisch im Handel S. 87); siehe auch https://www.ardmediathek.de/video/exakt/gefahren-durch-antibiotika-einsatz-in-der-tierhaltung/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9iZWl0cmFnL2Ntcy8yOTkyYjdiMi1kMTExLTQ1ZTgtYTRmNi1jNzdmMmU5ZmEyNmI
7 https://www.efsa.europa.eu/de/plain-language-summary/fourth-joint-inter-agency-report-integrated-analysis-antimicrobial
29.06.2024